Eine Kooperation mit Mehrwert für alle
Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen systematisch aufstellen
16.12.2024
Am 12. November 2024 widmete sich das „Wissen geht raus“ der Zusammenarbeit zwischen Kommunalverwaltungen und Migrantenorganisationen (MO). Die Veranstaltung richtete sich an Mitarbeitende im „Fachnetzwerk kommunales Bildungsmanagement“, Fach- und Leitungskräfte der kommunalen (Bildungs-)Verwaltung und Fach- und Leitungskräfte mit Schwerpunkt Integration. Rund 30 Kommunen aus ganz Deutschland erhielten unterschiedliche Perspektiven auf das Thema von Expert:innen aus Forschung, MO-Netzwerken und kommunaler Verwaltung.
Migrantenorganisationen in Deutschland – ein Überblick
In Deutschland gibt es schätzungsweise 12.400-14.300 aktive MOs. Diese gemeinnützigen Zusammenschlüsse, in denen mindestens 50% Menschen mit Zuwanderungsgeschichte aktiv sind, zeichnen sich durch eine hohe Diversität in ihren Zielen, Strukturen und Ressourcen aus. Ihre Hauptaktivitätsfelder umfassen Kinder- und Jugendarbeit, Bildung, künstlerisch-kulturelle Aktivitäten, Unterstützung von Geflüchteten, Beratung sowie den Austausch zwischen Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte. Die Organisationen weisen unterschiedliche Professionalisierungsgrade auf – von rein ehrenamtlichen bis hin zu hauptamtlichen Strukturen.
Herausforderungen kommunaler Bildungssteuerung
Die Notwendigkeit einer systematischen Zusammenarbeit mit MOs ergibt sich aus den wachsenden Anforderungen an kommunale Bildungssteuerung: Bildungslandschaften werden vielfältiger und komplexer, die Anforderungen an Bildung verändern sich stetig und die Zahl der Akteur:innen im Bildungsbereich wächst. Gleichzeitig erreichen bestehende Bildungsangebote Menschen mit Zuwanderungsgeschichte häufig nur ungenügend. Diese Entwicklungen erfordern neue Steuerungsansätze, bei denen Koordination und Vernetzung eine zentrale Rolle spielen.
Migrantenorganisationen als Schlüsselakteure kommunaler Bildungslandschaften
MOs spielen als Teil der Zivilgesellschaft eine zentrale Rolle für kommunale Bildungslandschaften. Sie fungieren als Brückenbauer zwischen Verwaltung und Menschen vor Ort und sind wichtige Partnerinnen für eine adressatengerechte Ansprache. Als zentrale Wissensträgerinnen leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung von Bildungsangeboten im Sozialraum. Dennoch werden sie häufig nicht ausreichend und nicht gleichberechtigt in kommunale Planungsprozesse einbezogen. Ihre multifunktionale Rolle in der Kommune und ihr einzigartiger Zugang zu Zielgruppen machen sie zu unverzichtbaren Partnerinnen in der kommunalen Bildungslandschaft.
Perspektiven aus Forschung, MO-Netzwerk und Verwaltung
Der Blick aus der Forschung, präsentiert von Fatma Bilgi, wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem Projekt BIKuMiG (Bildungsinitiativen für den Erhalt und Transfer kultureller Bildung in der Migrationsgesellschaft) an der Universität Duisburg-Essen, zeigte die besondere Bedeutung von MOs im Bildungsbereich auf. Herkunftsbezogene Bildungsangebote fördern nicht nur Sprache und Teilhabe, sondern unterstützen auch die Identitätsbildung. MOs tragen maßgeblich zur Bewahrung und Weitergabe kulturellen Kapitals bei.
Mamad Mohamad, Geschäftsführer vom Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt betonte die gesamtgesellschaftliche Relevanz von MOs. Diese sollten nicht auf ihre Expertise im Integrationsbereich reduziert werden. Vielmehr sind ihre Perspektiven in allen Bereichen der Daseinsvorsorge wichtig. Statt einer Alibifunktion braucht es echte Teilhabe mit Gestaltungsrecht.
Eduard Galyschew vom Amt für Zuwanderung und Integration der Landeshauptstadt Wiesbaden teilte praktische Erfolgsfaktoren für die systematische Zusammenarbeit mit MOs aus Verwaltungsperspektive. Als Grundlage für eine gelingende Kooperation betonte er die Bedeutung eines fundierten Wissens über die lokale MO-Landschaft. Besonders wichtig sei dabei die kontinuierliche Investition in persönliche Beziehungen und Kontakte, da Vertrauensaufbau Zeit brauche und nicht nebenbei entstehe. Um die Zusammenarbeit nachhaltig zu gestalten, empfahl er die Entwicklung einer kommunalen Strategie, die klare Ziele und Maßnahmen definiert. Ein weiterer zentraler Aspekt sei die aktive Unterstützung bei der Professionalisierung der MOs durch die Kommune, etwa durch Qualifizierungsangebote oder Hilfe bei Verwaltungsprozessen.
Fazit und Ausblick
Eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit MOs erfordert:
- Eine Partnerschaft auf Augenhöhe statt hierarchischer Strukturen.
- Ein strategisches Vorgehen mit klaren Zielen und Maßnahmen.
- Eine Bereitschaft zur Teilung von Gestaltungsmacht.
- Die Anerkennung der Expertise von MOs als Gewinn in allen kommunalen Handlungsfeldern.
- Ein langfristiges Engagement für den Beziehungsaufbau.
Die große Resonanz der Veranstaltung zeigt den hohen Bedarf der Kommunen an Austausch und Orientierung zu diesem Thema. Die systematische Einbindung von MOs in kommunale Strukturen bleibt eine wichtige Zukunftsaufgabe für die Gestaltung inklusiver Bildungslandschaften.
Links aus den Impulsen
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Willkommen in Wiesbaden. Ein Wegweiser für Migrant:innen
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Integrationskonzept der Landeshauptstadt Wiesbaden 2022-2026
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Informationen zum Projekt BIKuMiG (Bildungsinitiativen für den Erhalt und Transfer kultureller Bildung in der Migrationsgesellschaft)
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LAMSA: Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e.V.
Quellen und weiterführenden Informationen:
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Empfehlungen zur Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen auf kommunaler Ebene, Arbeitskreis Kommunaler Qualitätszirkel zur Integrationspolitik
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Anerkannte Partner – unbekannte Größe? Migrantenorganisationen in der deutschen Einwanderungsgesellschaft, Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration
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Zwischen Empowerment, Kooperation und Abhängigkeit – Migrantenselbstorganisationen als Integrationsakteure in Deutschland, Anna Wiebke Klie
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