Dritte und soziale Orte in Bewegung. Teilhabe und informelles Lernen ermöglichen durch mobile dritte Orte im ländlichen Raum.
06.11.2024
Das „Wissen geht raus“ am 1. Oktober widmete sich dem Thema „dritte und soziale Orte in Bewegung. Teilhabe und informelles Lernen ermöglichen durch mobile dritte Orte im ländlichen Raum.“
Sarah Tilschner, Jugendhilfeplanerin im Landkreis Leipzig und Ida Sucké, Leitung der Wilma Kultour Kutsche gaben einen Einblick in die bedarfsorientierte Planung und Implementierung von mobilen Angeboten vor Ort. FaBERID gab eine Einführung zu den Begrifflichkeiten und der Rolle der Kommunalverwaltung bei der Gestaltung von dritten und sozialen Orten.
Dritte und soziale Orte als Teil kommunaler Bildungslandschaften
Dritte und soziale Orte sind essenzieller Bestandteil einer lokalen und kommunalen Bildungslandschaft, die auf darauf abzielt, ganzheitliche und lebensweltliche Bildungsangebote über die gesamte Lebensspanne zu vorzuhalten. Dritte/ soziale Orte sind nonformale Bildungsorte, die formale Orte der Bildung (bspw. Schulen, Kita, Hochschulen) zum einen entlasten und darüber hinaus Angebote machen können, die in formalen Bildungseinrichtungen nicht möglich sind – etwa Lernen und ausprobieren jenseits eines Lehrplans.
Relevanz von sozialen und dritte Orte?
Dritte und soziale Orte haben über die kommunale Bildungslandschaft hinaus auch gesamtgesellschaftlich eine hohe Relevanz: Es sind Orte, die Teilhabe und Austausch fördern und Integration unterstützen können, da sie niedrigschwellig zugänglich sind und sich hier auch Menschen außerhalb der eigenen „Blase“ treffen.
- Sie fördern als Orte der Begegnung den Zusammenhalt und können einen Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft leisten. Der nonformale Charakter dritter/ sozialer Orte ermöglicht es den Menschen, vor Ort in Aushandlungs- und Aneignungsprozesse zu treten und so wichtige Kompetenzen zu erlangen.
- Sie helfen als Begegnungsort gegen Vereinsamung und das generationenübergreifend.
- In Abgrenzung zu dritten Orten legen soziale Orte einen starken Fokus auf das Zusammenspiel von Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft und fördern damit Kooperationsstrukturen und Aushandlungsprozesse.
Rolle der Kommunalverwaltung oder Kreisverwaltung
Was kann die Verwaltung idealerweise tun, um dritte und soziale Orte zu stärken:
Strategische Ausrichtung: Dritte und Soziale Orte können in kommunale Entwicklungsstrategien eingebunden werden. Gleichzeitig ist es wichtig, flexibel auf die Bedarfe unterschiedlicher Zielgruppen einzugehen. Kommunale Konzepte und Strategien können einen Rahmen geben und die Existenz dritter/ sozialer Orte absichern, während sie genügend Spielraum für die individuelle Ausgestaltung geben.
- Datenbasierung: Das Bildungsmonitoring sowie sozialräumliche Daten bieten eine Grundlage für Bestandsanalysen und um wichtige Ausgangs- und Bedarfslagen zu erfassen. Bedarfe der Zielgruppen, relevante Akteur:innen und bestehende sowie fehlende Infrastruktur und Angebote können so zielgenau erfasst werden.
- Kooperation innerhalb der Verwaltung: Relevante Ressorts (beispielsweise Jugend, Soziales, Mobilität), die es bei der Planung, Gestaltung und Koordination von dritten und sozialen Orten braucht, können bereits vorhandene Abstimmungsstrukturen nutzen oder diese etablieren, um die Zusammenarbeit – auch in anderen Themenbereichen – aufeinander abzustimmen. Idealerweise arbeiten sie in integrierten Prozessen zusammen. Sie unterstützen sich gegenseitig und die Aufgaben sind klar verteilt. Zusätzlich empfiehlt es sich, dabei auch eine Hauptansprechperson zu definieren, die die beteiligten Akteur:innen und den Prozess zusammenhält und koordiniert.
- Kooperation vor Ort: Für die Umsetzung braucht es eine Vielzahl von Akteur:innen, die über unterschiedliche Zugänge zu den Zielgruppen, Wissen und Räume verfügen. Gleichzeitig ergeben sich aus einer engen Zusammenarbeit verschiedener Akteur:innen (Zivilgesellschaft, Verwaltung, Wirtschaft) Synergien und inhaltliche Überschneidungen, die lebensweltnahe Angebote ermöglichen. Die Verwaltung kann Kooperation initiieren und begleiten, insbesondere das Bildungsmanagement kann hier eine Schlüsselrolle spielen auf Grund seiner Zugänge zu einer Vielzahl von Akteur:innen. Auch überregionale Akteursnetzwerke sollten einbezogen werden, um insbesondere in strukturschwachen Regionen Synergien zu ermöglichen.
- Qualifizierung und Qualitätssicherung: Verwaltung fördert das ehrenamtliche Engagement, beispielsweise durch Qualifizierungen der Engagierten vor Ort. Insbesondere in ländlichen Regionen sind dritte und soziale Orte ohne ehrenamtliches Engagement kaum umsetzbar. Die Qualifizierung der Ehrenamtlichen dient auch der Eigenmotivation dieser, gleichzeitig sichert die Verwaltung so die Qualität der dritten und sozialen Orte.
Vertrauensarbeit braucht Zeit: Mobile Angebote können inhaltliche Impulse setzen. Gleichzeitig müssen sie gut an vorhandene Strukturen andocken, um Zugang zur Zielgruppe zu finden und vor Ort akzeptiert zu werden. Der Aufbau von Kooperationen zwischen lokalen Akteur:innen und den Anbieter:innen mobiler dritter Orte braucht Zeit.
Fazit und Lessons aus der Praxis
- Es braucht Daten: Um den Bedarf an einem mehr an Kinder- und Jugendarbeit gut zu verargumentieren, braucht es eine gute Datengrundlage. Die Visualisierung der Daten mittels Karten verdeutlicht auch Fachfremden die „blinden Flecken“ in der Angebotslandschaft.
- Ableitungen treffen: Fachplanungen ermöglichen den gezielten Blick auf die Bedarfe der Jugendlichen. Auch die Nutzung der bestehenden Angebotsstruktur sowie eine entsprechende Nachsteuerung sollte aus Planungs- und Steuerungsperspektive in den Blick genommen werden.
- Kooperation stärken: Zivilgesellschaftliche Akteur:innen vor Ort nehmen häufig kleinräumige Bedarfsanalysen vor, um ihre Angebote nah an den Zielgruppen zu entwickeln. Gleichzeitig gibt es großräumigere Planungen durch den Kreis oder Kommunen. Hier könnte eine Kooperation zu einer gemeinsamen und umfassenderen Datengrundlage führen.
- Überzeugungsarbeit: Um die Schritte von der einrichtungsbezogenen hin zur mobilen Arbeit zu gehen, müssen die Fachkräfte bei der Entwicklung neuer Angebotsformate mitgenommen werden. die Zielgruppen auf neuen Wegen und mit anderen Angebotsstrukturen zu erreichen.
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Rahmenpräsentation zu dritten und sozialen Orten der FaBERID
Rahmenpräsentation zu dritten und sozialen Orten der FaBERID
pdf 471,00 kB -
Steuerung und Planung von sozialen und dritten mobilen Orten
Beitrag von Sarah Tilschner, Jugendhilfeplanerin im Landkreis Leipzig
pdf 1,39 MB -
Umsetzung von sozialen und dritten mobilen Orten
Beitrag von Ida Sucké, Leitung der Wilma Kultour Kutsche
pdf 664,23 kB
Quellen und weiterführende Informationen:
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Soziale Orte – Ein Konzept zur Stärkung lokalen Zusammenhalts (fes.de)
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Soziale Orte – Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt – sachsen.de
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Lebendige Quartiere – Wege aus der Einsamkeit – quartier-einsamkeit.de
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Dritte Orte | Kultur und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen (mkw.nrw)